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Stanislav Chernyshov

Stanislav Chernyshov

Obwohl ich immer sehr gerne lernte, war ich von meiner Schule nicht gerade begeistert. Ich besuchte eine sowjetische Schule, die stark von Disziplin, Förmlichkeiten und Hierarchien geprägt war. Anderswo hatte ich da sehr viel mehr Glück mit meinen LehrerInnen, so etwa beim Kampfsportunterricht, in der Jazzschule und an der Staatlichen Universität St. Petersburg.

Aufgrund meiner Erfahrungen stellte sich mir die Frage, wie man Unterricht anders gestalten und dafür sorgen könnte, dass er motivierend ist und die natürliche Neugier nicht im Keim erstickt. Nach mittlerweile über 20 Jahren Unterrichtserfahrung (bei 20 bis 40 Unterrichtsstunden pro Woche) bin ich zum Schluss gekommen, dass es die besondere Mischung aus Kompetenz und persönlichen Qualitäten ist, die einen guten Lehrer bzw. eine gute Lehrerin ausmacht. Ein guter Sprachlehrer könnte genauso gut Molekularbiologie unterrichten und eine talentierte Mathematiklehrerin könnte auch Einheiten in Geschichte erteilen – vorausgesetzt er oder sie ist mit dem Fachgebiet vertraut.

Ich habe oft genug miterlebt, wie hochqualifizierte WissenschaftlerInnen daran scheitern, bei ihren Studierenden anzukommen und ihre Lehrinhalte ansprechend zu vermitteln. Ich kenne auch charismatische und passionierte Lehrerinnen, die – sogar, wenn sie mit motivierten SchülerInnen arbeiten – nicht über die richtige Technik verfügen, um die gewünschten Lernerfolge zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt meines Erachtens in einer Kombination aus viel persönlichem Engagement, den richtigen Präsentationstechniken, großer fachlicher Kompetenz und einem freundlichen und lockeren Umgang, der es KursteilnehmerInnen ermöglicht, sich ungezwungen am Unterricht zu beteiligen und nicht einfach maschinenartig Wörter und Sätze aus Lehrbüchern wiederzugeben. Wenn meine SchülerInnen auch in den Pausen noch weiterdiskutieren, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe. Im Sprachunterricht sollten jene Themen an der Tagesordnung stehen, für die sich Schülerinnen auch in ihrem Alltagsleben interessieren.

Iwan Turgenjew sagte einmal: „Man kann sich über alles auf der Welt mit Hingabe und Begeisterung unterhalten, aber nur über sich selbst spricht man mit Appetit.“ Aus diesem Grund glaube ich an einen personalisierten Unterrichtsansatz, der die Interessen und Lernziele meiner SchülerInnen berücksichtigt. Ebenso ist es mir ein Anliegen, dass Sprachkurse zeitgemäß und kommunikativ sind. In der Sowjetunion musste ich in der Schule lange Texte über die kommunistische Jugendorganisation „Komsomol“ auswendig lernen – leider bin ich bis heute noch keinem Menschen begegnet, der sich dafür interessieren würde.

Emotionen und Gefühle spielen eine wichtige Rolle beim Spracherwerb, denn emotional besetzte Augenblicke bleiben uns in der Regel besser in Erinnerung, als andere – davon ist natürlich auch der Sprachunterricht nicht ausgenommen.

Ich halte außerdem nichts von Patentlösungen: Abgesehen von einem modernen didaktischen Ansatz muss ein Kurs immer an die Sprache angepasst sein, die unterrichtet wird. Lesen und Schreiben lernt man in einem Russischkurs anders, als in einem Chinesischkurs. Egal wie kommunikativ ein Russischunterricht auch sein mag – ohne eine gut durchdachte, systematische Vermittlung der Grammatik ist er zum Scheitern verurteilt. Ich helfe meinen SchülerInnen dabei, sich binnen kürzester Zeit und mit so wenig Aufwand wie möglich in der russischen Grammatik zurechtzufinden.

Wie viele meiner KollegInnen verfüge auch ich über eine Metapher, die meine Arbeit als Lehrer zusammenfasst: Ich sehe mich als Bergführer, der seine Gruppe mit allen nötigen Tricks und Kniffen ausstattet, damit sie die Wanderung durchs Gebirge unbeschadet übersteht.

Der Bildungsbereich spielt seit 1987, als ich mich an der Universität einschrieb, eine zentrale Rolle für mich. Und noch heute bin ich davon überzeugt: Lernen und Lehren sind die zwei Dinge, denen man sich sein ganzes Leben lang widmen sollte.

 

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